Reden

Rede zum Wahlprogramm zur Kreistagswahl, Unterbezirks-Parteitag, 07.11.2025, Capitol Dietzenbach

Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
als ich vor wenigen Tagen gefragt wurde, ob ich in der neuen Funktion als Vorsitzender der Kreistagsfraktion das Wahlprogramm einbringen kann, habe ich kurz gezögert.
Werner Müller war auch mir über zwanzig Jahre Weggefährte, siebzehn Jahre war ich Mitglied in seiner Fraktion. Irgendwie fand ich es unpassend - vielleicht sogar anmaßend - nur wenige Tage nach seiner Beisetzung hier so in den Fokus zu treten. Auf der anderen Seite war immer sein Credo „Verantwortung übernehmen und Haltung zeigen“! Ich denke inzwischen, er würde sich freuen, dass ich es mache: Denn wir sind heute hier, um Haltung zu zeigen – und Verantwortung zu übernehmen!

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Der Kreis Offenbach hat die letzten Jahre Vieles bewältigt: Pandemie, Energiekrise, wirtschaftliche Verwerfungen. Aber klar ist auch: Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob wir Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt und Zukunftschancen sichern. Ob wir mit Respekt, Haltung und Überzeugung denjenigen gegenübertreten, die einen anderen Kreis wollen, gar eine andere Ordnung in diesem Land anstreben.

Genau dafür stand Werner Müller - für Haltung und Respekt! dafür steht die SPD im Kreis Offenbach – mit einem Programm, das anpackt, statt anzukündigen.

1. Leitbild: Global denken – lokal handeln
Unser Kompass ist eindeutig: Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Handlungsfähigkeit der Kommunen. Der Kreis Offenbach ist Heimat von über 360.000 Menschen – die meisten in Hessen. Das verpflichtet.

Wir sorgen dafür, dass Infrastruktur, Wohnen, Bildung und Mobilität mit dem Wachstum Schritt halten. Wir sagen: Wer hier lebt, soll gut leben können – unabhängig vom Geldbeutel, vom Alter, von der Herkunft.
Und wir sagen auch klar: Die Radikalen und Extremisten bieten keine Lösungen – nur Spaltung. Sie schaden unserer Region, unserem Wirtschaftsstandort, unserer Demokratie. Wir grenzen uns ab – nicht in Worten, sondern indem wir die bessere Politik machen: konkret, lösungsorientiert, verantwortungsvoll.

2. Sozialpolitik: Stark für Jung und Alt

Jugendpolitik ist Zukunftspolitik.
Wir stärken Vereine, Jugendprojekte und politische Bildung – damit junge Menschen Demokratie erleben, statt nur darüber zu lesen. Wir wollen Beteiligung, Prävention gegen Extremismus und mehr integrative Angebote. Der Ring politischer Jugend bleibt dafür wichtiger Partner.

Gutes, selbstbestimmtes Leben im Alter.
Wir setzen auf barrierefreie Quartiere, Mehrgenerationenhäuser, gute Beratung und Entlastung pflegender Angehöriger. Pflegestützpunkte und Nachbarschaftshilfen wollen wir weiterentwickeln. Wir werben für neue Wohnformen – damit Menschen im vertrauten Umfeld bleiben können. Und wir wollen Teilhabe bis ins hohe Alter ermöglichen, egal ob bei Sport, Kultur oder Bildung! Die „Leitstelle Älter werden“ bleibt dabei ebenso ein wichtiger Partner wie die Sozialverbände!

Gesundheit nah am Menschen.
Wir setzen uns für gute Haus- und Facharztversorgung im ganzen Kreis ein, eine wohnortnahe Versorgung ist dabei unerlässlich! Die KV darf nicht aus Ihrer Verantwortung entlassen werden, in einer wachsenden Region für eine ausreichende Gesundheitsversorgung zu garantieren. Grundsätzlich darf eine gute Gesundheitsversorgung nicht weiter in Privatpraxen verlagert werden und muss für jeden zugänglich sein.
Wir wollen außerdem das Hebammenangebote stärken und sichern unsere Krankenhäuser in Langen und Seligenstadt. Gesundheit bleibt öffentliche Aufgabe!

3. Gleichberechtigung & Schutz vor Gewalt
Politik für Frauen, mit Frauen und durch Frauen sind ein Wesensmerkmal der Sozialdemokratie! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Zugang zu Führungspositionen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Dafür sorgen gute Ganztagsangebote und verlässliche Betreuung.
Mit dem Ausbau und der Förderung der Ganztagsbetreuung an den Schulen haben wir diesbezüglich in den vergangenen Jahren entscheidende Fortschritte erzielt!
Wir bekämpfen häusliche Gewalt: Die Frauenhäuser sind dabei unverzichtbar! Wir benötigen mehr Schutzplätze, barrierefreie Angebote, und wenn nötig auch Übergangswohnungen sowie eine Koordinierungsstelle nach der Istanbul-Konvention.
Um in diesem sensiblen Bereich ruhig und planbar arbeiten zu können und ist eine stabile Finanzierung unerlässlich – hier ist das Land in der Pflicht. Und: Wir wollen ein Frauenbüro im Kreis Offenbach – weil Gleichstellung kein Luxus, sondern Verfassungsauftrag ist.

4. Schule & Bildung: Kein Kind zurücklassen
Bildung entscheidet über Chancen. Gute Bildung ist der Schlüssel für eine eigenständige Lebensgestaltung, Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftliche Teilhabe. Sie ist Grundlage für Chancengleichheit und sozialen Aufstieg.

Der Kreis hat an den Schulen massiv saniert und modernisiert – das setzen wir fort. Wir aktualisieren den Schulentwicklungsplan, erweitern Standorte und bauen Ganztag konsequent aus. Schulsozialarbeit an allen Schulen bleibt - von unserer Seiten inzwischen auch an allen Grundschulen veranlasst - und wird vernetzt mit Jugend- und Streetwork-Angeboten.

Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiche Integration und Teilhabe. Ziel muss es daher sein, bedarfsgerechte Angebote zur Sprachförderung in den Kitas und Schulen zu integrieren.

Und: Digital gehört dazu: Glasfaser, WLAN, Endgeräte – echte Lernmittelfreiheit umfasst Bücher und Technik. Das Land muss liefern, damit Bildung nicht vom Einkommen der Eltern abhängt. Mit dem Digitalpakt hat der Kreis Offenbach die Grundlage geschaffen – jetzt ist Wiesbaden am Zug!

5. Frühkindliche Bildung
Wir wollen qualitativ starke Kitas: kleinere Gruppen, gute Ausbildung, bessere Sprachförderung. Frühe Förderung schafft bessere Bildungschancen, Integration und Teamfähigkeit – und schützt vor Radikalisierungstendenzen.

Auch wenn hier zunächst die Städte und Gemeinden im Kreis die Hauptverantwortung tragen: Eine kluge Verknüpfung von Bildung, Erziehung und Betreuung ist der Schlüssel zu besseren Teilhabe-Chancen. Je früher wir mit dem Fördern und Vernetzen ansetzen, desto besser.

6. Integration: Klar steuern, konsequent stärken
Wir stehen zu humanitärer Verantwortung und klaren Regeln. Integration gelingt durch Sprache, Arbeit, Ausbildung, zügige Anerkennung von Abschlüssen. Wer bleiben darf, muss Chancen bekommen – das ist Grundlage sozialdemokratischer Politik und nicht verhandelbar!

Ungleichbehandlung aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, sexueller Identität, Religion, Weltanschauung, Krankheit, Behinderung und Alter verbieten nicht nur Anstand und Respekt!
Die Würde des Menschen ist Grundlage unserer Verfassung!
Und genau deshalb dürfen wir die Alternativen dazu auch genauso betiteln: als verfassungsfeindlich und als Gegenpol zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung!

Wir wollen mehr Migranten dazu bewegen, sich politisch zu engagieren. Wir fördern Engagement und Beteiligung – und treten jeder Form von Rassismus entschieden entgegen.

Zur Wahrheit gehört aber auch und das will ich sehr deutlich sagen: Wer ausreisepflichtig ist, muss gehen – das ist Grundlage eines funktionierenden Rechtsstaates!

7. Wohnen: Mehr bezahlbare Wohnungen
Wohnen ist die soziale Frage unserer Region. Wir wollen mehr Flächen für bezahlbaren Wohnungsbau, mehr Wohnungen in kommunaler und sozialer Bindung, aktive Wohnbauförderung und klare Regeln gegen Zweckentfremdung und spekulativen Leerstand.

Der Kreis unterstützt dabei Städte und Gemeinden – durch Beratung, Koordination, Druck auf den Gesetzgeber. Unser Ziel: Wer hier arbeitet, soll hier wohnen können. Erreichen wir dieses Ziel nicht trifft es genau diejenigen, die wir im Ballungsraum so dringend brauchen: Beschäftigte in Industrie und Handwerk, im Erziehungs- und Polizeidienst und Pflegekräfte, um nur einige Berufsgruppen exemplarisch zu nennen.

8. Wirtschaft & Arbeit: Standort stärken, Menschen qualifizieren
Unser Kreis ist stark – Mittelstand, Handwerk, Dienstleistung, Industrie. Wir halten Beschäftigung stabil, unterstützen Gründungen, beschleunigen Verfahren und sichern Fachkräfte durch Ausbildung und Qualifizierung, besonders in Pflege, Kita und Handwerk.

Die ProArbeit bleibt unter Führung unseres Ersten Kreisbeigeordneten Carsten Müller Motor für Vermittlung und Weiterbildung – mit dem geplanten Neubau bündeln wir Aufgaben und werden effizienter.

9. Solide Finanzen: Handlungsfähig bleiben
Ohne stabile Kommunalfinanzen bleibt jede Vision Papier; jedes Programm ein zahnloser Tiger!
Die Kommunen stehen alle mit dem Rücken zur Wand. Dabei spielt es nahezu keine Rolle, wer an der Spitze der Rathäuser steht. Wir stehen für Haushaltsklarheit, Augenmaß und das Konnexitätsprinzip: Wer Aufgaben überträgt, muss sie finanzieren.
Und auch hier gilt - egal wer gerade im Bund und im Land regiert: Sowohl der Kreis als auch die Städte und Gemeinden brauchen verlässliche finanzielle Ausstattung, statt ständig neuer unfundierter Pflichten.
Kreis- und Schulumlage nur so hoch wie für unsere Aufgabenerfüllung nötig! Unser Ziel: Investieren – ohne die kommunale Familie zu überfordern. Und gleichzeitig deutlich machen: Kreis, Städte und Gemeinden lassen sich nicht auseinanderdividieren! Die kommunale Familie kämpft gemeinsam für eine auskömmliche Finanzausstattung!

10. Mobilität: Vernetzen statt verstopfen
Wir wollen Mobilität verlässlich machen:
• Mehr und bessere Takte auf den Schienen: Odenwaldbahn, Dreieichbahn, neue Haltepunkte, RTW voranbringen und Regionaltangente Ost planen.
• Busse überall, wo Menschen sie brauchen und mit dem Hopper zur Feinerschließung.
• Deutschlandticket sichern – fair finanziert und nicht auf Kosten der Kommunen.
• Radverkehr stärken: Radschnellwege FRM 1, 8, 9 schnell umsetzen.
• Mobilitätsstationen an allen Haltepunkten: Bus, Bahn, Rad, Car-Sharing, E-Laden – um die „letzte Meile“ leichter zu machen.

Verkehrspolitik ist angewandte Sozialpolitik und vorausschauende Klimapolitik zugleich! Alle Bürgerinnen und Bürger müssen – unabhängig von ihrem Wohnort – ohne eigenes Fahrzeug zur Schule, zum Arbeitsplatz und zu den Angeboten unserer medizinischen, sozialen, kulturellen und sportlichen Infrastruktur und zum Amt gelangen können!

Und ja: Auch die Straße bleibt wichtig. Der Individual- und Wirtschaftsverkehr wird auch künftig einen hohen Anteil am Verkehrsaufkommen haben. Wir unterstützen deshalb die notwendigen Projekte im Kreis Offenbach und treiben diese gemeinsam mit den Baulastträgern voran – realistisch und bedarfsgerecht.

11. Energie, Umwelt, Klima: Handfest statt heftig
Klimaschutz ist Pflicht – nicht Kür. Wir sparen Energie, bauen erneuerbare Versorgung aus, machen Schulen perspektivisch CO₂-neutral und holen Gewerbe und Handwerk an den Tisch.
Wir informieren, beteiligen und motivieren – etwa beim „Tag der Energiewende“. Wasser bleibt in öffentlicher Hand – der Zukunftsplan Wasser des ZWO wird umgesetzt, um trotz Zuzug und rückgängiger Niederschläge auch künftigen Generationen ein ausreichendes Wasserdargebot zu sichern.
Naturschutz im dichten Raum braucht Management: Der Landschaftspflegeverband koordiniert Arten- und Biotopschutz, Streuobst bleibt Herzenssache. Regionalpark und die regionalen Grünzüge sichern Lebensqualität und Naherholung. Fairer Handel bleibt unser Markenzeichen – sowohl bei den Löhnen als auch bei den Produktionsbedingungen!

12. Digitalisierung: Besserer Service, starker Schutz
Wir setzen das Online-Zugangs-Gesetz konsequent um: digitale, barrierefreie, mobile Services; Bürgerinnen und Bürger sollen zukünftig ihre Daten nur einmal angeben müssen, das ermöglicht Antragstellung, Dokumentenverwaltung und Statusabfragen an einem zentralen Ort. Zusätzlich streben wir digitale Termin- und Video-Sprechstunden in allen Bereichen der Kreisverwaltung – damit Amtsgänge auch von zuhause aus erledigt werden können.

Digitale Teilhabe wird zunehmend wichtiger insbesondere für Senioren oder Menschen mit Sprachbarrieren oder Handicaps – diesen Menschen wollen wir helfen: mit Kursen an der VHS, Hilfen für Vereine, Mehrsprachigkeit online.

Der Schutz personenbezogener Daten muss zudem bereits in der Planung und Entwicklung von Systemen, Prozessen oder Produkten berücksichtigt werden – nicht erst im Nachhinein. KI nutzen wir gemeinwohlorientiert: Wir setzen sie zur Sortierung von Anträgen, zur automatischen Übersetzung, Barrierefreiheit und Dokumentenvorbereitung ein. Der Mensch bleibt jedoch in letzter Instanz immer als Entscheidungsträger!

13. Kultur, Sport & Ehrenamt: Identität und Zusammenhalt
Kultur ist Pflicht – und Lebensfreude. Wir stehen zur kulturellen Bildung, zu den Museen, den Heimatvereine, den Theatern. Und wir nutzen Netzwerke: Kultursommer Südhessen, Kulturfonds, Route der Industriekultur.
Ehrenamt und Sport halten unsere Gesellschaft zusammen.

Wir unterstützen Vereine mit Hallenzeiten, Infrastruktur und Beratung - das Ehrenamt bleibt im Mittelpunkt unserer Arbeit: Der Kreis Offenbach soll diese unbezahlbare Arbeit auch künftig unterstützen und auch weiterhin in die nötige Infrastruktur, wie etwa die Hallen investieren!

Das gilt selbstverständlich nicht nur für den sport- und die kulturtreibenden Vereine, sondern auch Initiativen der Kinder- und Jugendarbeit oder der Heimatpflege. Die Freiwilligen Feuerwehren und der Katastrophenschutz stehen selbstredend auch in diesem Kontext! Ohne sie, die täglich 24 Stunden unentgeltlich für die Sicherheit der Menschen im Kreis parat stehen, wären Städte und Gemeinden heillos überfordert!

Auch, weil wir selbst alle Ehrenamtler sind und die Belange und Anforderungen an zivilgesellschaftliches Engagement zur Genüge kennen, senden wir von dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die Ihre Zeit für Gemeinwohl und sozialen Zusammenhalt einbringen!

14. Europa: Haltung zeigen, Zukunft bauen
Europa ist Frieden, Freiheit, Chancen. Wir sagen Ja zu Partnerschaften, Jugendaustausch und europäischer Zusammenarbeit. Wir sagen Nein zu nationalistischem Rückschritt.
Der Kreis Offenbach wird europäischer – in Projekten, in Begegnungen, in Haltung. Gerade jungen Menschen öffnen wir Türen nach Europa.

Genossinnen und Genossen,
das ist unser Angebot: konkret, finanzierbar, sozial! Wir sind die Kraft, die Brücken baut, die Konflikte löst, die Verlässlichkeit garantiert. Die SPD ist auf Kreisebene Stabilitätsanker – im Kreistag, in den Städten und Gemeinden, im Alltag der Menschen.

Und allen Radikalen, Extremisten und sonstigen Maulhelden sage ich klar: Spaltung saniert keine Schule! Hetze schafft keinen Wohnraum! Wer Wissenschaft verächtlich macht, gestaltet weder Klimaschutz noch Wirtschaft 4.0!

Unser Weg ist ein anderer: Respekt vor der Lebensleistung, klare Regeln, soziale Sicherheit, gerechter Ausgleich, Investitionen in Zukunft.

Lasst uns den Kreis Offenbach weiter zusammenhalten – als Partei der linken Mitte. Lasst uns Chancen eröffnen – für Kinder, für Familien, für Seniorinnen und Senioren, für die, die schon lange hier sind, und für die, die zu uns kommen.

Unser Wahlprogramm ist heute nur bedrucktes Papier. Ab Morgen gehen wir raus und reden darüber, diskutieren, überzeugen, informieren und bekennen uns! Lasst uns zeigen: Die SPD kann Kreis – gerecht, mutig, verlässlich.

Packen wir’s an. Für unseren Kreis Offenbach. Für ein gutes Morgen.
Partei gut!
Fraktion auch!
Glück auf!