Reden

„Genehmigung von Windkraftanlagen“ - Rede zum AfD-Antrag in der Sitzung der RVS am 05. Mai 2017

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

wie bereits in der Sitzung der Regionalversammlung am 03. März dieses Jahres stellt die AfD-Fraktion heute erneut den Antrag die Oberste Landesplanungsbehörde - sprich den Landesentwicklungsminister des Landes Hessen, Tarek Al Wazir, aufzufordern - bis zur endgültigen Beschlussfassung der RVS zum Teilplan Erneuerbare Energien keine weiteren Windkraftanlagen nach §35 BauGB zu genehmigen bzw. dem RP die Genehmigung bis auf weiteres zu untersagen.

Die Koalition von SPD und CDU hat den Antrag in der Sitzung der RVS aus gutem Grund von der Tagesordnung genommen, da er inhaltlich geltendem Recht widerspricht und die Regionalversammlung zudem nicht zuständig ist. Ich bin hierauf im Rahmen dieser Sitzung bereit schon einmal eingegangen und werde nun auch unsere Haltung zu Drs. 34.0 - Thema Absetzuung von der Tagesordnung - beispielhaft begründen.

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Neben den Fragen der rechtlichen Zulässigkeit und der inhaltlichen Zuständigkeit widerspricht der Antrag außerdem der bisherigen Haltung der AfD zur Steuerung der Windkraft und der Vermeidung von sogenanntem „Wildwuchs von Windkraftanlagen“. Er dokumentiert anschaulich die populistische Beliebigkeit der AfD.

Zur rechtlichen Zulässigkeit:

Die bisherige Genehmigungspraxis von Windkraftanlage resultiert - weil es bisher keinen gültigen Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE) gibt - aus § 35 (1) des Baugesetzbuches, das unter Ziffer 5 die Nutzung der Windenergie im Außenbereich privilegiert. Eine willkürliche Untersagung von Genehmigungen nach erfolgreich abgeschlossenem Verfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) hat keinerlei rechtliche Entfaltungskraft gegenüber möglichen Antragstellern und Investoren. Sie widerspricht auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit bei Investitionsplanungen. Wir reden von einem Bundesgesetz (!) das weder RVS noch RP noch der Wirtschaftsminister umgehen kann.

Zur inhaltlichen Zuständigkeit:

Die Regionalversammlung Südhessen ist weder rechtsaufsichtliche Behörde des Regierungspräsidiums und schon gar nicht ist sie Rechtsaufsicht der Obersten Landesplanungsbörde. Ein entsprechender Antrag hätte daher lediglich appellativen Charakter zur Umsetzung einer rechtswidrigen Maßnahme. Meine Damen und Herren der AfD – Sie können weder von CDU noch von der SPD, die beide seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland fest auf dem Boden der Verfassung stehen, eine solche Beschlussfassung erwarten. Genau aus diesem Grund haben wir diesen Tagesordnungspunkt in der letzten Sitzung abgesetzt. Wir werden in solchen Fällen auch künftig so verfahren.

Dass die Untersagung von Genehmigungen auf der Basis des § 35 BauGB in der derzeitigen Aufstellungsphase des TPEE nicht möglich ist, geht auch aus der Landtagsdrucksache 19/2385 - Anfrage des Landtagsabgeordneten Rene Rock - hervor, die allen Mitgliedern der RVS seit langem vorliegt. Hier ist klar und deutlich formuliert:

„Die Möglichkeit, eine raumordnerische Untersagung auszusprechen, setzt jedoch voraus, dass der Planentwurf bzw. der Entwurf der Zielfestlegung die hinreichend sichere Erwartung rechtfertigt, dass er sich über das Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Zielvorgabe verfestigen wird. Das heißt, die Planung muss ein hinreichendes Maß an Verlässlichkeit bieten.“

Dieser Sachverhalt ist nicht neu, er hat in der Vergangenheit auch in anderen Zusammenhängen Anwendung gefunden.

Und hier sind wir bei der Widersprüchlichkeit der AfD:

Die AfD hat im Dezember des vergangenen Jahres im Zuge eines Klageverfahrens vor zwei Verwaltungsgerichten mit allen Mitteln versucht, die Beschlussfassung über die zweite Offenlage des TPEE weiter zu verzögern. Dabei ist einzig und alleine der TPEE für die Regionalversammlung ein Mittel, die Genehmigungspraxis nach BauGB zu verhindern. Auch dies geht aus der Anfrage des Kollegen Rock hervor: „Mit Blick auf die Planungsverfahren der TPEE ist frühestens nach Auswertung der im Rahmen der zweiten Offenlegung eingegangen Stellungnahmen ein - entsprechender - Konkretisierungsgrad erreicht (…).“

Umso mehr verwundert es, dass die FDP-Fraktion mit ihrem Änderungsantrag – zwar auch in Ermangelung der inhaltlichen Zuständigkeit - sozusagen zu rechtskonformen Verhalten - des Regierungspräsidiums aufruft.

Regierungsvizepräsident Dr. Alexander Böhmer hat in der Sitzung des HPA vom 28. April bereits signalisiert, dass das RP entsprechend handeln wird, wenn der TPEE eine Planreife erreicht hat, dass er eine hinreichende Vorgriffswirkung entfaltet. Damit ist auch der Antrag der FDP obsolet.

Meine Damen und Herren,

es bleibt dabei: die Grundsätzlichen Entscheidung über die Windkraft in Hessen - um die es Ihnen ja offenkundig geht, liegt woanders:

In Konsequenz aus den Entscheidungen des Hessischen Energiegipfels hat die Hessische Landesregierung mit Verordnung vom Juni 2013 den Landesentwicklungsplan Hessen (LEP) geändert und in diesem Zuge die Regionalplanung (hier: Regionalversammlung Südhessen) verpflichtet, Räume mit ausreichenden Windverhältnissen in den Regionalplänen Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie mit Ausschluss des übrigen Planungsraumes festzulegen.

Dabei sollen die Vorranggebiete eine Größenordnung von zwei Prozent der Landesfläche haben, um die Zielvorgabe von 28 Terrawattstunden pro Jahr zu erreichen. An diesen grundsätzlichen Festlegungen hat übrigens die FDP in ihrer Wiesbadener Regierungszeit namentlich durch Rene Rock intensiv mitgewirkt.

Wir sind dieser Verpflichtung gefolgt und haben an Hand der Vorgaben des LEP ein schlüssiges Plankonzept erarbeitet, das eine willkürliche Festlegung von Windvorrangflächen ausschließt und somit eine Rechtssicherheit des Teilplans Erneuerbare Energien gewährleistet.

Nur durch die Erstellung des TPEE entsteht ein echtes regionalplanerisches Steuerungsinstrument, dass den Wildwuchs von Windkraftanlagen verhindert. Durch die Privilegierung der Windkraft durch das Baugesetzbuch werden derzeit überall dort, wo nicht geltendes Recht tangiert wird, Windkraftanlagen geplant und entsprechend genehmigt. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind hier weit niedriger angelegt als die künftigen Vorgaben des TPEE. Lassen Sie und deshalb zügig den TPEE beschließen, dann besteht für alle Rechtssicherheit, wo Windkraftanlagen entstehen können – nicht müssen - und wo die Genehmigung von Windkraftanlagen ausgeschlossen wird.